Montag, 16. Juli 2007

Auf frischer Tat ....

Zäher, milchiger Nebel waberte an diesem Morgen vom See durch die nahen Strassen und Gassen der Stadt, so zäh als liesse er sich beinahe mit einem Küchenmesser in klebrig-süsse Scheiben zerteilen, als ich mich aus meiner Haustür zwängte. Eigentlich ist es einer jener Morgende an denen ich mir lieber den Arm abhacken liesse um im Bett liegen bleiben zu können, als mich in dieses nass-kalte Nichts hinausquälen zu müssen. Der Nebel scheint mit jedem Atemzug sich tiefer in die Lungenflügel zu drängen, an den Lungenbläschen hängen zu bleiben und einen dünnen, scharf schneidenden Film mit der süssen Schärfe eines Mentholbonbons darüber zu legen. Die Bahnsteige des benachbarten Hafenbahnhofes verschwimmen im fasrigen Weiss der wie Zuckerwatte sich um die Bänke windenden Schwaden und schluckt das Klacken eines jeden Schrittes, das nur noch wie ein unscheibares Tappen an mein Ohr dringt.

Ein dumpfes, gleichmässiges, wummerndes Geräusch jedoch dringt mit jedem Schritt den ich mich einem der benachbarten Treppenaufgänge nähere zu mir vor. Würde ich mich an jenem Morgen auf einer sonnengefluteten Steppe der Afrikanischen Hochebene bewegen, wüsste ich dass meine dadurch in mir aufsteigende Anspannung durch die freudige erregt-ängstliche Erwartung einer herannahenden Elefantenherde ausgelöst würde. Allerdings ist in dieser verschlafenen, kleinen, beschaulichen und konservativen Stadt am See um diese Jahreszeit sicherlich nur selten mit, wenn dann auch nur vereinzelt auftretenden, Dickhäutern zu rechnen.

Vorsichtig erspähe ich das Treppengeländer entlang nach oben den Aufgang, nichts kann ich sehen, nur das Wummern ist sehr viel lauter, dominanter. Ich vermute, dass sich eine dieser hier herumstreunenden tageslichtscheuen Gestalten an einer der Wohnungstüren zu Schaffen gemacht hat. Nur einen kurzen Moment dauert meine Abwägung zwischen Zivilcourage und physischer Integrität meiner selbst in Anbetracht des oft gewalttätigen Gesindes um mir dann vor Augen zu halten sicherlich nicht umsonst meine Fähigkeiten in fernöstlichen Kampfkünsten in den vergangenen 27 Jahren gefeilt zu haben. Ein kurzer, tiefer Atemzug der herbstlichen Suppe, vor meinem geistigen Auge trainiere und bahne ich meine kampfkünstlichen Handgriffe, so sich der vermeintliche Missetäter aus der Ebene über mir sich auf mich die Treppe hinabstürzen sollte um ihm den finalen Stoss weitere 2 Stockwerke tiefer zu verpassen, wie ich es schon so oft bei Bruce Lee gesehen hatte.
Meine Nackenhaare sträuben sich, meine körperliche und mentale Spannung steigt mit jedem Schritt in die Höhe wie die einer Katze, kurz bevor sie zum Sprung ansetzt.

Da, ich sehe ihn! Er sitzt einen halben Treppenabsatz über mir, scharze Hose, schwarzer Kapuzenpullover, die Kapuze über den Kopf und wahrscheinlich tief ins Gesicht gezogen, das dunkelblaue Handtuch, das er sich um den Hals gelegt hat, lässt diesen einerseits zum Stiernacken avancieren, andererseits ahne ich hier als alter Nintendo-Kämpfer einen neuen und sicheren Angriffspunkt um einen meiner gefürchteten Würgegriffe anzubringen.
"Hey!", rufe ich ihn an "...kann ich irgendwie behilflich sein?!" und bin bereit einen plötzlichen Angriff zu parieren.

Erschrocken und voller schlechten Gewissens lässt der Missetäter die Stahlstange, die kurz zuvor noch in seiner Hand aufblitzte, fallen. Sein Kopf fährt herum und sein massiger Körper richtet sich einen halben Treppenabsatz über mir auf.
"Na klar!" entgegnet mir ein gerötetes, mit Schweissperlen übersätes und gehetzt wirkendes Gesicht. "Wohnst Du auch hier?" fragt er mich noch im gleichen Atemzug und greift hinter sich, um die Bohrmaschine aufzuheben und zwischen uns zu halten.
"Äh,... ja." stottere ich und sehe schon wie sich der lange mit Stahlspänen überzogene Bohrer tief in meinen Bauch bohrt.
"Super! Haste mal Strom? Ich habe mich heute morgen nämlich aus meiner Wohnung ausgeschlossen ....!"

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